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„Genau deswegen war mein Leben nie langweilig“ - Marianne Benz und der Jazzclub

Du hast die Leitung des Jazzclubs im März 1989 in einer schwierigen Zeit übernommen. Randolf John, viele Jahre Erster Vorsitzender, eine treibende Kraft und ein Sponsor des Clubs, starb 1989. Und in den folgenden Jahren setzten Richtungskämpfe dem Club heftig zu.

Das war eine harte Zeit und es kamen bis 1997 immer wieder neue Schwierigkeiten auf uns zu. Da gab es Betrugsfälle ehemaliger Mitglieder, einen „Putschversuch“ gegen den Vorstand und stets finanzielle Schwierigkeiten. Im Nachhinein ist es beachtlich, was wir alles überlebt haben.

Der Vorstand des Clubs ist am Ende gestärkt aus der Krise hervorgegangen und du bist für viele zum Gesicht des Jazzclubs geworden. Wie lebt es sich damit? 

Ich glaub zwar nicht, dass an mir etwas so besonders ist, aber ich verstehe mich eben mit vielen Menschen offenbar ganz gut. Und wenn sie immer wieder kommen, ist es, als würde man einen guten Bekannten oder einen alten Freund treffen. Wenn das Konzert zu Ende ist und die Musiker sich entspannen, zum Beispiel bei einem Glas Bier, entstehen schon auch interessante Gespräche über Privates. Das ergibt sich einfach so, speziell dann, wenn die Musiker schon öfter da waren. Mit František Uhlíř aus Prag verbindet mich zum Beispiel eine gute Freundschaft, weil er seit Jahrzehnten zu uns kommt und er ein toller Musiker ist. Außerdem sind wir beide etwa der gleiche Jahrgang. Es haben sich auch bereits Paare im Club kennengelernt, die später geheiratet haben. Auch das spricht für die lockere Atmosphäre, die wir hier haben. Man kann interessante Menschen kennenlernen, wenn man zufällig mit ihnen an einem Tisch sitzt oder an der Theke steht, und keine Frau muss befürchten, blöd angequatscht zu werden.

Und die Gäste sind ebenfalls nah dran an den Musikern und schätzen das familiäre Flair.

Ja, wer in einer der vorderen Reihen sitzt, kann regelrecht die Gesichter der Musiker studieren und kann gut erkennen, wie sie sich mit Blicken verständigen. Ein wenig wie in einem Gespräch. Es ist eben so, dass es im Jazz sehr auf spontane Interaktion ankommt. 

Bist du auf die Weise von einer Gelegenheitshörerin zur richtigen Jazzliebhaberin geworden?

Das kann man so sagen. Free Jazz zum Beispiel hat mich früher wenig interessiert. Aber wer die Musiker beobachtet, merkt, dass gerade auch da ein stimmiges Konzept dahintersteht und eben nicht jeder einfach spielt, was er mag.

Welche Konzerterlebnisse sind dir besonders gut in Erinnerung?

Da gibt es sehr viele. Besonders war zum Beispiel der Auftritt der Sängerin Anca Parghel. Sie war oft mit dem Pianisten Klaus Ignatzek und dem Bassisten Jean-Louis Rassinfosse unterwegs. Bei einem Konzert – es muss irgendwann in den 1990er Jahren gewesen sein – lag sie bei einem Lied, das sehr emotional geworden ist, auf dem Boden und hat singend den Bassisten angehimmelt. An Ernie Watts, der mit vielen Stars aus allen Genres gespielt hat, oder an Larry Coryell und an Billy Cobham, die ebenfalls Weltklasse sind, erinnere mich auch sehr eindrucksvoll, weil das grandiose Musiker sind, die bei unseren Jubiläen tolle, umjubelte Konzerte gegeben haben.

Auch die Stars sind im Jazz oft sehr nahbar. Klaus Kreuzeder zum Beispiel, der regelmäßig bei uns war, hat mich zur Feier seines 50. Geburtstages in den Münchner Schlachthof eingeladen. Da war unter anderem der Tatort-Schauspieler Miroslav Nemec zu Gast, der nach Kreuzeders Auftritt noch Klavier gespielt hat. Leider sind auch ganz viele altgediente Musiker gestorben, auch Bamberger Urgesteine wie Tex Döring und Max Kienastl.

Was sagen die Musiker über die Auftritte im Jazzclub?

Sie schätzen die familiäre Atmosphäre und dass sie bei uns nett empfangen werden. Bei manchen Musikern kenne ich inzwischen auch die Vorlieben ganz genau, zum Beispiel, ob sie nach der Ankunft erstmal eine Tasse Kaffee haben wollen. Überstimmend loben die Musiker zudem die technische Ausstattung unseres Clubs.

Du warst gefühlt immer im Jazzclub. Wie viele Konzerte gab es, wo du nicht da warst?

Vielleicht 10 Konzerte oder etwas mehr. Ich habe einen Großteil meines Privatlebens nach dem Jazzclub ausgerichtet. Daher war ich an den Wochenenden oft verplant und musste auf den einen oder anderen Ausflug mit Freunden oder meinen Schwestern verzichten. Genau deswegen war mein Leben nie langweilig.

Ein Verdienst des Jazzclubs ist insbesondere auch die Nachwuchs-Stärkung.

Ja, man denke nur an die Sängerin Johanna Schneider. Sie war mit ihrer Mutter schon ab dem vierten Lebensjahr bei uns. So ist sie zum Jazz gekommen. Auch die Sessions am Mittwoch haben viel bewirkt, um junge Menschen für Jazz zu interessieren. Deswegen spielen relativ viele junge Menschen in Bamberg und Umgebung Jazz. Was mich sehr freut, ist auch, dass es inzwischen sehr viele tolle Frauen im Jazz gibt, und das nicht nur als Sängerin, sondern auch am Saxophon oder am Schlagzeug.

Du wirst dem Club nach deiner Zeit als Erste Vorsitzende auf jeden Fall erhalten bleiben, nehme ich an.

Ja, aber eben als Gast und nicht mehr als Erste Vorsitzende. Es wird manchmal nicht einfach sein, sitzen zu bleiben und nur zuzuhören. Ich werde sicher etwas erfahren von Entscheidungen im Vorstand. Aber ich werde mich nicht einmischen. Jetzt sind andere am Zug.